Business Manner in Japan

Rang und Ordnung – Business Manner
Lassen Sie sich davon nicht verrückt machen!

Viele ausländische Geschäftsleute, die nach Japan kommen, staunen über die Höflichkeit und Ordnungsliebe der Japaner. Stimmt, der japanische Umgang mit Mitmenschen ist „generell und grundsätzlich“ sanfter und höflicher als anderenorts. Die Straßen sind müllfrei und die Toiletten sauber und oft high-tech. Das klischeehafte Bild, dass Leute brav in der Schlange warten und nach der Reihe z.B. in den Zug einsteigen (in der Stoßzeit ist Anderes zu beobachten, aber das ist ein neues Thema) wird oft bestätigt. Wenn man also aus Deutschland nach Japan kommt, dann wird man das Gefühl bekommen, gut behandelt zu werden, gut aufgehoben zu sein.

Es gibt auch im Geschäftsleben Regelungen, welche die Japaner sehr achten, damit die Business-Beziehung glatt läuft. Es geht dabei darum, Respekt zu zeigen, aber dies hat engen Zusammenhang mit der Rangordnung, was das Ganze komplexer macht.

Es gilt eine Faustregel, die ausländische Geschäftsleute sich leicht merken können: In Japan ist links höherrangig als rechts („Sajo-uge“: bedeutet „links höher, rechts niedriger“), also genau umgekehrt als in Europa. Dies geht bis auf die Aska-Ära (592-710 n. Chr.) zurück und zwar auf eine chinesische Anekdote. Der Kaiser, so wird überliefert, habe den Nordpolarstern immer im Rücken und schaue in den Süden, somit ist seine linke Seite der Osten, von wo aus auch die Sonne aufgeht, und seine rechte Seite der Westen, wo die Sonne sinkt. Aus diesem Grund ist die linke Seite höherrangiger.

Wenn Sie also zwei japanische Geschäftspartner begrüßen, heißt das, dass derjenige, der Ihnen auf der von Ihnen aus betrachtet rechten Seite gegenübersteht, ranghöher ist und so sollten Sie mit ihm zunächst Ihre Karte austauschen. Wenn Ihnen drei Personen gegenüberstehen, ist dies aber die Person in der Mitte, nächste im Rang ist dann die Person links daneben (also von Ihnen betrachtet rechts).

In einem Raum, also beim Empfang oder bei einer Sitzung, wird die Sitzordnung durch den zusätzlichen Faktor des „Eingangs“ beeinflusst. Die Position am weitesten entfernt von der Tür ist der beste Platz. Deshalb sollte den höchstrangigsten Kunden/Gast dieser Platz angeboten werden. Normalerweise ist die Seite weit entfernt von der Tür also für Kunden/Gäste, während der Gastgeber für sich die Seite nahe der Tür wählt.

In einem Raum, also beim Empfang oder bei einer Sitzung, wird die Sitzordnung durch den zusätzlichen Faktor des „Eingangs“ beeinflusst. Die Position am weitesten entfernt von der Tür ist der beste Platz. Deshalb sollte den höchstrangigsten Kunden/Gast dieser Platz angeboten werden. Normalerweise ist die Seite weit entfernt von der Tür also für Kunden/Gäste, während der Gastgeber für sich die Seite nahe der Tür wählt.

Wenn aber bei einer Sitzung die oder der Vorsitzende an der Stirnseite des Tisches Platz nimmt, so ist der nächstliegende und von der Tür entferntere Platz für die nächst- höchstrangigste Person, dann die andere Seite und so weiter.

Wenn man z.B. in Japan zu einem Abendessen eingeladen wird und es in einem japanischen Restaurant in einem Séparée stattfindet, dann sollte die Sitzordnung ebenfalls beachten, dass der Platz weg von der Tür als der beste dem höchstrangigen Gast angeboten wird. Eine Ausnahme wäre allerdings dann zu machen, wenn eine Seite den besseren Blick z.B. auf einen schönen Garten bietet. Dann sollte die Seite mit Blick auf den Garten dem Gast/Kunden angeboten werden, wobei der Gastgeber dies idealerweise verdeutlichen sollte: „Dürfen wir Ihnen diesen Platz anbieten, weil er einen guten Blick bietet?“.

Erläuterung des japanischen Raums siehe unten 1)

Aber um diese korrekte Sitzordnung kümmert sich Ihr japanischer Partner, Sie sollten sie als Gast besser nur nicht selbst bestimmen. Seien Sie bitte ein wenig geduldig und wählen Sie nicht vorschnell selbst einen Platz.

Diese Regelung wird durch europäische Einflüsse noch komplexer. In der Meiji-Ära (1868-1912) hat Japan sich sehr viel von der westlichen Kultur zu eigen gemacht. Wenn man westlich speist, gilt auch die westliche Tischordnung. Der westliche Verhaltenskodex wird auch beispielsweise auf der Webseite des japanischen Außenministeriums als „international protocol“ vorgestellt, dessen Ziel es sei, Klarheit über fairen und respektvollen Umgang herzustellen, um etwaige Missverständnisse zu vermeiden. So werden Staaten etwa nicht nach ihrer Größe unterschieden, sondern ihnen werden nach alphabetischer Ordnung und bei Botschaftern nach ihren Amtsantrittsalter Plätze zugewiesen. Dabei gilt ausdrücklich „rechts höher“.

oder
„International Protocol“ Quelle: https://www.mofa.go.jp/mofaj/ms/po/page25_001892.html

Wenn bei bestimmten formalen Anlässen das „international protocol“ angewandt wird, wird dies normalerweise im Voraus bekannt gegeben.

Auch in einem Fahrzeug oder Aufzug wird erwartet, dass man entsprechend nach seinem Rang Platz nimmt.

Übrigens: Weil in Japan Linksverkehr gilt, steigt man in ein Taxi nur von der linken Seite des Fahrzeuges ein und aus, wofür sich diese hintere linke Tür automatisch öffnet und schließt. Wenn Sie die Tür selbst schließen oder öffnen, wird das den Taxi-Fahrer verstimmen. Ebenfalls, wenn Sie von der rechten Seite auszusteigen versuchen, denn das ist gefährlich.

Bei einer Rolltreppe sollte man achten, dass man den Kunden/Gast nicht herabblickt, deshalb geht dieser immer zuerst, wenn man mit der Rolltreppe hinauffährt, während bei der Fahrt nach unten der Gastgeber zuerst zusteigt, wobei ein kleines Wörtchen wie „Entschuldigung…“ wünschenswert wäre. In Shinkansen (Hochgeschwindigkeitszug) gibt es auch sozusagen “Standard-Sitzordnungen“ usw.

Dieses Respekt-Zeigen, geht weiter, angeblich sogar bis zur Toilette: Bei Herrentoiletten etwa, wo viele Pissoirs nebeneinander stehen, steht das Becken, das am weitesten von der Eingangstür entfernt ist, dem Ranghöchsten zu, wenn zufällig mehrere Leute gleichzeitig dort sind. „Mann“ sollte auch nicht gleich das nebenan sondern, wie es angeblich auch in Deutschland gehandhabt wird, mindestens eines dazwischen als Abstandhalter nehmen, (diese Regelung zumindest gibt es nicht bei einer Damentoilette).

Alles viel zu kompliziert, meinen Sie? Im Geschäftsleben in Japan achtet man aber durchaus darauf, wobei es schon Generationsunterschiede gibt. Auch der Nachwuchs in der Wirtschaft wird oft entsprechend geschult, weil regelkonformes Verhalten von den Kunden erwartet wird.

Abgesehen von der Rangordnung sollte auch das Senioritätsprinzip beachtet werden. Im Gegensatz dazu ist „Ladies first“ im japanischen Geschäftsleben wenig geprägt. Also hier gender-neutral. Wenn Sie als Herr z.B. die Eingangstür für eine Dame öffnet oder im Restaurant einer Dame beim Anziehen/Ausziehen ihres Mantels hilft, werden Sie Ihre japanischen Kollegen sehr beeindrucken. Damen sollten also davon ausgehen, dass die Behandlung, die sie sonst in Europa von ihren männlichen Kollegen bekommen, in Japan nicht zu erwarten ist.

Der Tenor all dieser komplexer Überlegungen ist aber, dass der Gast sich wohl fühlt. Wenn Sie in einer bestimmten Situation – egal, ob als Gast oder Gastgeber – unsicher sind, kommunizieren Sie dies einfach. Sie zeigen damit, dass Sie entsprechend kultiviert sind und der anderen Kultur gegenüber Respekt zollen wollen. Das wird bei Ihren japanischen Gegenübern im Zweifelsfall besser angenommen als ein verkrampfter Versuch, die Situation zu überspielen.


Japanischer Raum mit Tokonoma

*1) Ein japanischer Empfangsraum ist traditionell an einer Seite mit einem Tokonoma (Raum mit „Toko“) und Tokodana (Einbauschrank für wertvolle Gegenstände) ausgestattet. „Toko“ bezeichnet einen erhöhten Platz, auf dem ursprünglich wertvolle Gegenstände präsentiert wurden bzw. eine hochrangige Person saß. Diese Positionierung machte Sinn, weil man früher in Japan direkt – aber ohne Schuhe – auf Strohmatten saß. Aus diesem Grund zieht man übrigens auch heute noch die Schuhe aus, wenn man hierzulande in die Wohnung – ach, sogar in manchen Büros – eintritt.  Diese etwas erhöhte Wandnische (siehe Bild) ist der heiligste Ort in einem japanischen Raum. Dort werden üblicherweise ein Bild bzw. ein kaligraphischer Schriftzug („Kakejiku“ nennt man diesen) ausgehängt, Blumen arrangiert (Ikebana) oder ein Duftdöschen (Kōro) präsentiert. Diese Tradition leitet sich von der Tee- und Gedichtslesungszeremonie aus der Zeit Momoyama (1573-1603) ab und gilt als noble Sache. Heute, da wir Japaner bekanntlich über sehr kleine Wohnräumlichkeiten verfügen, haben moderne Häuser und Wohnungen kaum mehr solche Räume. Es gibt aber oft in Häusern auf dem Land noch solche Empfangsräume, in welchen ursprünglich hochrangige Personen, später auch andere Gäste empfangen wurden. Auch in japanischen Restaurants und Hotels findet sich dieses Raumkonzept noch oft.